Petra Piater, Redaktionsleiterin der Zeitschrift „Perspektiven“ der „Gemeinde Gottes“, hat ein Interview mit mir zum Thema Glaube, Gemeinde und Familie geführt, das ich hier in Teilen veröffentliche. Mehr zur Zeitschrift „Perspektiven“ findest du HIER.
Du bist Bereichsleiter für die Arbeit mit Kindern beim Bibellesebund Deutschland. Was genau macht ihr so alles?
Wir stellen fest, dass viele eine Bibel zu Hause haben, aber trotzdem nicht darin lesen, weil sie sie zu schwer, zu dick, zu alt, zu kompliziert finden. Selbst bei Christen ist das so. Und wir tun alles in unserer Möglichkeit Stehende, um deutlich zu machen, dass die Bibel durchaus verstehbar ist und dass sie auch in unserer heutigen Zeit etwas zu sagen hat.
Warum liegen euch gerade auch Kinder und Teens am Herzen?
Bereits der Start des Bibellesebundes vor über 150 Jahren hat mit einem Sonntagsschulleiter aus London zu tun, der eine für damalige Zeit revolutionäre Idee für die Arbeit mit Kindern hatte: Er hat Kindern nicht nur biblische Geschichten erzählt und sie dann darüber belehrt, was diese Geschichte für ihr Leben bedeutet. Nein, er hat ihnen zugetraut, selbständig Bibeltexte zu lesen und ihre eigenen Gedanken dazu zu äußern. Er hat riesig gestaunt, als er festgestellt hat, welche tiefgründigen Gedanken auch schon Erstleser haben, wenn sie sich mit der Bibel beschäftigen. Und so hat er 1867 den ersten Bibel-Club gegründet: den „Scripture Union“, wie er in England hieß. Und so kam er 1947 als Bibellesebund auch nach Deutschland. Und auch hier standen von Anfang an die Kinder im Fokus, was ich persönlich sehr reizvoll finde. Denn ich liebe ebenfalls die Arbeit mit Kindern und auch das Bibellesen. Und beides lässt sich beim Bibellesebund wunderbar miteinander kombinieren.
Welches Potenzial könnten christliche Gemeinden deiner Erfahrung nach noch viel mehr nutzen, um junge Menschen für Jesus zu begeistern?
Ein Schritt könnte schon mal sein, die Arbeit mit Kindern als solche in der eigenen Gemeinde richtig wertzuschätzen. Gemeinden, bei denen das ganze Kinderprogramm aus einer „Kinderbetreuung“ während des Hauptgottesdienstes besteht – möglichst mit wöchentlich wechselnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, machen bei mir nicht den Eindruck, als hätten sie eine Vision für die Kinder in ihrer Mitte. Viel Potenzial steckt auch in den Kindern selbst. Sie haben viel mehr Ideen zu Bibeltexten, als wir es ihnen oft zutrauen. Wenn wir öfter mal die Kinder nach deren Entdeckung aus der Bibel fragten, anstatt sie mit unseren Erkenntnissen zuzutexten, würden wir staunen, wie viel Potenzial in genau den Kindern steckt, die wir eigentlich belehren wollten.
Was für Tipps hast du für Eltern, um ihre Kinder auf dem Weg zum Glauben zu begleiten, ohne sie zu bedrängen?
Ein altes Sprichwort sagt: „Du kannst deine Kinder erziehen, so viel du willst, letztlich machen sie dir doch alles nach.“ Darum ist für mich das oberste Prinzip innerhalb der Familie echter gelebter Glaube, der sich nicht nur am Gottesdienstbesuch und am Tischgebet festmacht. Wenn die Kinder sehen, dass für uns Eltern der Glaube an Jesus Christus nicht nur bedeutet, dass ich bestimmte biblische Richtigkeiten abnicke und Bibelwissen weitergeben kann, sondern ganz konkret meinen Alltag prägt, meine Art, mit Konflikten und Mitmenschen umzugehen, mit Streit, Versöhnung, Ängsten, Zweifel, dann ist die Chance groß, dass sie diese Grundwerte nicht nur in ihrem Kopf, sondern auch in ihrem Herzen verankern. Gut ist auch, wenn wir uns als Eltern immer mal wieder selbst hinterfragen: Sind kritische Rückfragen von meinen Kindern zu Bibel oder Glaube oder auch zu meinem gelebten Glauben erlaubt? Ist Barmherzigkeit in unserer Familie größer als Gesetze einzuhalten? Darf ein Kind auch mal unmotiviert für den Gottesdienst sein und das laut äußern, ohne in Misskredit zu geraten? Ich glaube, wenn unsere Kinder merken, dass wir begeistert für diesen Jesus und sein Reich brennen, dann ist zumindest ein Nährboden gelegt, in dem der gute Samen gute Chancen hat aufzugehen und zu wachsen.