Im Adventskalender „Advent, Advent … mit Happy End“ ist ein offener Brief von mir an Josef abgedruckt. Er ging so (gekürzt):
„Lieber Josef,
darf ich dich einmal fragen, wie du persönlich die Weihnachtsgeschichte erlebt hast? Du scheinst neben Maria und den großen Ereignissen danebenzustehen und bist mehr Zuschauer als Mitwirkender. Eine Randfigur! Ich stolpere darüber, wie von deiner Entscheidungsfähigkeit erzählt wird … oder vielmehr über die Feststellung, dass dir genau die zu fehlen scheint. Du reist von Nazaret nach Betlehem – nicht, weil dir die Verheißung aus dem Buch Micha im Kopf war, sondern weil es der Befehl vom Kaiser war. Du bist mit Mutter und Kind nach Ägypten geflohen – nicht, weil du es für richtig gehalten hast, sondern weil du einen Engel im Traum gesehen hast. Auf dieselbe Weise bist du auch wieder zurückgekommen. Selbst wo du dann dein endgültiges Lager aufschlagen solltest, hast du nicht von dir aus entschieden. Da musste noch mal eine Anweisung per Traum kommen. Puh.
Vielleicht ist es für mich deshalb so erstaunlich, weil es so gar nicht meinem Macher-Typ entspricht. Ich nämlich will selbst Visionen ausspinnen und umsetzen. Und dabei kann ich Anweisungen von außen nur ganz schlecht gebrauchen. Du dagegen gehst in aller Demut gehorsam den Weg, den Gott dir vorzeichnet. Wolltest du gar nicht der „große Josef“ sein, über den man noch zweitausend Jahre später staunt? Tja. Dann sollte ich mir an dir auch hin und wieder ein Beispiel und Schritt für Schritt den Weg einschlagen, den Gott mir vorgibt. In diesem Sinne – danke für dein (wenn auch nicht leuchtendes) Vorbild.
Dein Harry“
Per Mail hat mir Astrid Geyer am Wochenende eine Antwort von Josef übermittelt. Sie findet, sie müsse eine Lanze brechen für den stillen (introvertierten?) Josef. Mich hat der Brief beeindruckt. Astrid hat mir erlaubt, den Brief von Josef mit euch zu teilen:
„Lieber Harry,
Ich bin introvertiert und ich stehe voll dazu. Die Menschen verkennen, was das bedeutet. Sie meinen, ich sei nicht entscheidungsfreudig, weil es nicht mit großen Worten und ‚Tamtam‘ geschieht. Ich lege keinen Wert darauf, dass herumposaunt wird, was ich Tolles geleistet habe. Das bedeutet mir nicht so viel. Mir bedeutet sehr viel, dass Gott mich ausgesucht hat, Jesus‘ irdischer Vater zu sein. Gott kennt mein Herz und er wusste, zu welcher Hingabe ein Introvertierter fähig ist. Ich bin überzeugt davon, dass Gott genau so jemanden gesucht hat für seine ganz besondere Geschichte.
Die tiefe Hingabe auch an meine Frau und ‚ihre‘ Verheißung hat so Großartiges hervorgebracht, dass es eine Bresche geschlagen hat für Meinesgleichen. Es wird immer wieder so sein, dass eine mit Hingabe gelebte Eheeinheit solche Kinder und Früchte hervorbringt, die der Menschheit zum Segen dienen.
Schau dir mal Hanna und Elkana an. Würde man Elkana vordergründig nicht auch als einfachen Mann bezeichnen? Und doch hat auch diese Ehe einen einflussreichen Mann hervorgebracht, weil Hanna und Elkana eins geworden sind in ihrer Liebe zueinander und zu Gott.
Auch wenn du vielleicht nicht der Introvertierte bist, höre auf den Herzenswunsch deiner Frau, liebe diesen Wunsch aus ihrem Herzen hervor, werde eins mit ihr und ebne damit den Weg für die Erfüllung einer sich schenkenden Verheißung.
Zur Ergänzung. Diese Weihnachtsgeschichte habe ich als meine persönliche Berufung erlebt, um genau das zu leben, was ich oben geschildert habe. Und offensichtlich habe ich das gut hinbekommen. Ich schmunzle darüber, dass du mich als Randfigur bezeichnest, wo doch der Vater mich ausgesucht hat, um der Vater seines Sohnes hier auf Erden zu sein. Kannst du dir eine größere Auszeichnung und Wertschätzung vorstellen? Aber das ist typisch Gott. Manche Dinge erschließt er nur denen, die danach forschen. Sei du doch auch jemand, der mit seinem Herzen forscht, tief und tiefer und noch tiefer. Es lohnt sich, ich weiß wovon ich rede.
Ach, und enthalte deiner lieben Frau diesen Brief nicht vor. Die liebt es sicher, solche Dinge in ihrem Herzen zu bewegen. Sag ihr einen ganz lieben Gruß von meiner wunderbaren Frau. Die hat sich über ihren Brief riesig gefreut und fühlt sich im Herzen tief mit ihr verbunden.
Das waren nun ziemlich viele Worte für einen Introvertierten.
Liebe Grüße von Josef“
Wirklich beeindruckend – die Antwort von Josef.
Danke, Astrid; gerade den letzten 4-zeiligen Absatz kann nur eine Frau schreiben. Dabei würde es die Stärke eines Mannes zeigen, wenn er solche Worte fände.
Danke auch, Harry, für den Brief an Josef.
Fragst Du bitte Deine liebe Frau, ob Sie mit uns ihren Brief an Maria hier in Deinem Blog teilt? 😉
Herzliche Grüße.