„Wer bin ich?“ Selbstreflexion angesichts einer durchgeschüttelten Zeit

Bin ich das, was meine Maske vorgibt zu sein?

Neulich erreichte mich diese Mail mit den sehr poetischen und persönlichen Gedanken. Am liebsten hätte ich sie irgendwo veröffentlicht. Aber in welches Buch von uns passt das? Nun setze ich das kleine Werk hier in den Blog und wünsche mir (und euch), dass es einige anspricht und ermutigt.

Hallo Harry,
hier ein paar unfertige Gedanken aus einer meiner Depri-Phasen neulich … 😉 Vielleicht findest Du Dich ja in dem einen oder anderen Gedanken wieder. Liebe Grüße

Wer bin ich?

Ich dachte, ich wäre ein Optimist, der aus allen Situationen das Beste macht …

Doch woher kommt dieses unterschwellig wachsende Gefühl der Unzufriedenheit in mir? Eine immer größer werdende innere Rebellion gegen die aktuellen Umstände und Einschränkungen. Wut über die fehlende Planungssicherheit, die ich als strukturierter Mensch brauche. Und Trotz gegenüber allen Positivdenkern, die mir die guten Seiten dieser Katastrophe einreden wollen … Wer bin ich?

Ich dachte, ich wäre ein gefestigter Christ und mutiger Zeuge von Jesus …

Doch woher kommt diese eigenartige Stummheit in mir, die meine Gedanken beim Beten vernebelt und mich keine richtigen Worte finden lässt? Wo ist mein unerschütterlicher Glaube, dessen ich mir immer so sicher war? Und wo ist mein Mut geblieben, diesen Glauben zu bezeugen? Stattdessen bleiben mir die Worte im Hals stecken, wenn ich von der Not höre, in die viele Menschen durch die Krise gestürzt sind. Soll ich zu ihnen sagen: „Übrigens, Gott liebt dich und hat einen guten Plan für Dein Leben!“? Wer bin ich?

Ich dachte, ich wäre ein dankbarer Mensch …

Doch woher kommt dieses unangenehme Gefühl in mir, dass das Leben gerade nicht gerecht ist. Zu mir nicht, und zu vielen anderen nicht. Haben wir nicht alle ein Anrecht darauf, vom Glück nicht übersehen zu werden? Und wo ist Gott in dem Ganzen? Schaut er untätig zu, wie seine Welt den Bach hinuntergeht? Überlässt er unser Schicksal uns selbst und hilflosen Fachleuten und Politikern? Ich will dankbar sein für das viele, was ich trotzdem noch habe. Doch gerade ist das Gefühl der Unzufriedenheit so stark in mir … Wer bin ich?

Ich dachte, ich wäre ein Ermutiger …

Doch gerade fehlt mir selbst der Mut. Ich habe keine Lust darauf, das Leben schöner zu reden, als es ist. Ich sträube mich dagegen, mir und anderen eine Zukunft schönzumalen, die schon lange nicht mehr so unabsehbar und ungewiss war wie gerade. Wo sind die Pfeiler, an die ich mich bisher klammern konnte? Alles scheint im Moment zu zerrinnen. Noch nie erschien mir die Hoffnung so leer wie gerade. Ich habe keinen Mut mehr, den ich weitergeben könnte … Wer bin ich?

Einer weiß, wer ich bin.

Der, der mich geschaffen hat, kennt mich. Er versteht meine Zweifel, meine Schwachheit und meine Mutlosigkeit. Er weiß um das Gefühlschaos in mir. Um die Ohnmacht, die mich lähmt. Um mein Bedürfnis, mich am liebsten aus allem auszuklinken und die Decke über den Kopf zu ziehen. Er versteht meine tiefsten Gefühle.

Bei ihm brauche ich mich nicht zu verstellen. Ich darf mich in seine starken Arme flüchten.

Darf mich dort ausruhen. Meine Gedanken und Gefühle in seine Hand legen. Loslassen.

Einfach nur sein. Nichts denken und tun müssen. Er ist für mich da.

Ich bin geborgen. Bei Gott.

SK

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