„Hallo du da mit dem dicken Pulli an“ – Von der Magie des eigenen Namens

Am Wochenende unterhielt ich mich mit einem Papa, dessen Sohn vor über 20 Jahren als 9-jähriger Knirps auf einer meiner Sommerfreizeiten als Teilnehmer mit dabei war. Im Herbst desselben Jahres war dieser Junge noch einmal Teilnehmer auf meiner Freizeit in Marienheide. Der Papa erzählte, dass er sich noch genau an die Situation erinnert, wie er seinen Sohn zur Freizeit gebracht hat: Marienheide, Chaos, alles voller Kinder und Eltern im Eingangsbereich des Freizeitzentrums. Er kam mit seinem Kind rein, ich war umringt von Kindern, mit denen ich bereits lebhaft die Zimmerverteilung diskutierte. Ich sah Papa und Sohn hereinkommen und begrüßte sie spontan mit: „Hallo Lukas!“

Ich kann mich an diese Szene im Speziellen nicht erinnern, aber sie gibt ganz gut das Gewusel zu Beginn einer Freizeit wieder: Es ist voll, Eltern und Kinder strömen im Minutentakt hinzu, die Mitarbeiter und ich versuchen, allen Eltern und Kindern gleichzeitig sämtliche Fragen zu beantworten und dabei halbwegs den Überblick zu behalten. Und wenn dann ein Kind auftaucht, das schon einmal auf einer Freizeit mit dabei war (besonders, wenn die vergangene Freieit erst wenige Monate zurück liegt), dann passiert es durchaus (wenn auch nicht immer), dass ich dieses Kind wiedererkenne und mich sogar an dessen Namen erinnere. So wie hier.

Für mich nichts Besonderes. Die Wahrnehmung dieses Papas war allerdings: Er kommt in einen unüberschaubaren Haufen von Eltern und Kindern, der Freizeitleiter ist umringt von Kindern, aber er begrüßt über alle Köpfe hinweg das eigene Kind mit Namen. Der Papa schloss in unserem Gespräch am Wochenende seine Erzählung mit den Worten: „Da wusste ich, dass mein Kind hier richtig ist.“ Und immerhin konnte er sich an diese Situation noch 20 Jahre später erinnern.

Mich hat diese Erzählung insofern bewegt, weil sie mir noch einmal deutlich vor Augen geführt hat, welche Magie darin liegt, wenn wir Menschen mit Namen ansprechen. Für mich war diese Szene damals normaler Alltag. Aber für den Vater war es ein Türöffner, ein Grund mir entspannt sein Kind anzuvertrauen.

Ich musste sofort daran denken, wie ich als neunjähriger Junge zum ersten Mal über einen Schulfreund in eine Jungschargruppe geraten bin. Man fragte mich natürlich gleich zu Anfang nach meinem Namen. Als ich eine Woche später beschloss, noch einmal in dieselbe Jungschar zu gehen, da begrüßten mich die Mitarbeiter direkt mit: „Hallo Harry!“ Und nicht nur das – an jenem Tag verteilten sie Einladungszettel für eine Wochenendfreizeit. Alle Blätter begannen ihren Begrüßungstext mit: „Lieber … (Name des Jungscharkindes)“. Handschriftlich eingefügt natürlich. Und ich bekam ein Blatt mit der Überschrift: „Lieber Harry!“ Es war meine zweite Jungscharstunde und dieser Augenblick liegt 40 Jahre zurück. Aber ich weiß noch wie heute, wie geflasht ich war, dass die sich meinen Namen behalten und sofort in einen Brief eingefügt hatten, als gehörte ich schon immer dazu. An diesem Tag hat mich diese Gruppe „gewonnen“. Von Stund an ging ich jede Woche treu und regelmäßig zur Jungschar.

Dem Namen liegt ein Hauch von Magie inne. Meine Frau bemerkt sehr genau, wenn wir zu zweit irgendwo auftauchen, wie die Leute uns begrüßen: „Hallo Iris, hallo Harry!“ Oder: „Hallo Harry, hallo … ähm … Frau von Harry!“

Und seit ich als Autor immer wieder in die Verlegenheit komme, Bücher signieren zu dürfen, wird mir in krasser Weise bewusst, wie stark sich Kinder mit ihrem eigenen Namen identifizieren und wie schlimm es ist, wenn man Sophie mit f schreibt oder Philip mit der falschen Anzahl an Ls oder Ps rund um die Is. Name ist Person. Da zählt jeder Buchstabe.

Ich muss zugeben: Es fällt mir schwer, Namen zu merken. Viel zu oft komme ich in Gruppen, in denen ich eigentlich alle oder wenigstens etliche Namen kennen müsste, und ich weiß sie nicht mehr. Aber weil ich aus eigener Erfahrung weiß, was es bei mir ausgelöst hat, dass ich bei meinem Namen angesprochen wurde, zwinge ich mich, so schnell wie möglich die Namen der Kinder zu lernen, mit denen ich es zu tun habe: in meiner Jungschar hier in Gummersbach, auf meinen Freizeiten im Sommer, hin und wieder auch bei Kinderbibeltagen. Und die Erzählung des Lukas-Papa bestätigt ja meinen Eindruck.

Leider erlebe ich oft Gemeindemitarbeiter, die sich nicht einmal die Mühe machen, sich die Namen der Kinder im Kindergottesdienst oder anderen Kindergruppen zu merken. „Ich kann so was nicht“, versuchen sie sich zu rechtfertigen. „Ich werfe die sowieso alle durcheinander.“ Und so bleibt es bei: „Du da“ und „Du in dem blauen Pulli“. Schade.

Vor diesem Hintergrund berührt es mich noch mal ganz anders, wenn Gott über mich sagt: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du gehörst zu mir.“ (Jesaja 43,1)

Gott ruft mich nicht: „Der mit den grauen Haaren“ oder „Der den Schlunz geschrieben hat“. Gott weiß um die Magie der Namensnennung und er setzt sie ein. Er kennt meinen Namen und die ganze Person dahinter. Ich gehöre in sein Team. Namentlich.

Sommerfreizeit 1996

Teilnehmer der Sommerfreizeit 1996 samt jugendlichem Harry (hinten 2.v.l.) und Klein-Lukas

Gruselschock für Ben und Lasse

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Ja, ich weiß, ich bin meiner Zeit schon wieder voraus. Aber das neue Produkt, das als Verteilmaterial für Kinder an den Haustüren zu Halloween entstanden ist, gefällt mir dieses Mal so gut, dass ich es selbst kaum mehr abwarten kann, es fertig in den Händen zu halten.

Wir haben ein Comicheft von Ben und Lasse erstellt. Die Zeichnungen sind von Jörg Peter. Das Heft ist Postkartengroß und hat 32 Seiten. Die Story spielt natürlich an Halloween und die Kinder sehen sich einem gruseligen Geheimnis ausgesetzt: Jemand hat blutähnliche Matsche in die Bonbontüte von Kürbis-Robin und dem Einhorn-Schuhe-Gespenst gefüllt. In Ben und Lasse erwacht der Agenten-Instinkt und sie versuchen herauszufinden, wer das war. Mit witzigen Gags und natürlich Hinweisen auf Martin Luther und dass es viel schöner ist, das Licht zu feiern als die Finsternis. Ich liebe Comics und ich find’s jetzt schon klasse!

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Erste Skizze von Jörg Peter