Manchmal kommt mir Paulus vor wie ein Angeber: „Schaut her, so verhält man sich als guter Christ. Wir sind immer geduldig und voller Liebe, egal wie groß die Not ist …“ Ja, danke, großer unverwüstlicher Meister.
Als wir uns letzte Woche mit einem Abschnitt aus seinem Brief an die Korinther beschäftigt haben, kam uns genau dieser Teil, der uns sonst ein wenig nervt, plötzlich wie ein Statement der Aufrichtigkeit mitten in einer verrückten Welt der Ungerechtigkeit vor. Wie die Grundsatzerklärung von jemandem, der einen Unterschied machen will. Jetzt lasen sich die Zeilen: „Wir erweisen uns als Diener Gottes in Geduld, in Trübsal, in Nöten, in Ängsten“ und so weiter nicht mehr als: „Schaut her, so demütig sind wir“, sondern als: „Das ist unsere Basis. Unsere Haltung. So wollen wir als Christen wahrgenommen werden.“
Und wenn ich mir solch einen Bibeltext mit dieser Brille durchlese, hab ich plötzlich keinen christlichen Anforderungskatalog mehr vor Augen, der mich unter Druck setzt, sondern eine Leitlinie, die mir zeigt, welche Stellung ich als Christ in dieser Gesellschaft habe. Ich nehme wahr, dass Paulus nicht nur fromme Sprüche geklopft hat, sondern selbst einen eigenen Anspruch formuliert hat: einen Gegenpol darzustellen in einer Welt voller Angst und Verunsicherung. Und für ihn war das sicher auch kein Spaziergang. Ich glaube sogar, dass es ihn noch wesentlich härter getroffen hat als mich in meiner weitestgehend behüteten westlichen Welt. Aber er hat es laut postuliert, wie er in dieser Welt gesehen werden will. Und mir hilft es, diese „freiwillige Selbstverpflichtung“ für mich runterzubrechen und sie mir immer wieder vor Augen zu führen, hinter die Ohren zu schreiben, ins Herz zu tätowieren.
Darum haben wir das Postulat aus 2. Korinther 6,4-10 für uns so übersetzt:
Wir stehen hier als Gottes Teamplayer:
Wir halten durch, auch wenn es schwer wird.
Wir bleiben authentisch, verständnisvoll, freundlich, geduldig.
Wir lassen uns bei dem, was wir tun, vom Heiligen Geist leiten.
Wir lieben aufrichtig.
Wir bleiben ehrlich.
Gott gibt uns die Kraft dazu.
Unsere einzige Waffe ist unsere uneingeschränkte Fairness.
Und zwar egal, ob man uns lobt oder runterputzt.
Ob man gut oder schlecht hinter unserem Rücken über uns redet.
Auch wenn man denkt, wir hetzen Leute auf – wir bleiben bei dem, was wir als richtig erkannt haben.
Auch wenn man uns übersieht – wir wissen, wir sind von Gott gesehen und geachtet.
Auch wenn man uns am liebsten beseitigen würde – wir sind noch da.
Auch wenn man uns bewusst schikaniert – wir lassen uns nicht unterkriegen.
Auch wenn wir traurig und frustriert sind – wir haben jederzeit Grund zur Freude.
Auch wenn wir nicht viel zu geben haben – wir sind für andere eine Bereicherung.
Auch wenn wir uns selbst oft leer fühlen – wir haben alles, was wir brauchen. Gott hat uns reich gemacht.